Insekten sind oft klein, unscheinbar und werden als lästig empfunden – dabei leisten sie einen unverzichtbaren Beitrag in unserem Ökosystem. Umso wichtiger ist ein möglichst großes und diverses Insektenvorkommen – auch in der Stadt. Für die Bewirtschaftung des Stadtgrüns bedeutet eine Gestaltung insektenfreundlicher Lebensräume ein klares Umdenken. Erfahren Sie hier die wichtigsten Funktionen von Insekten und worauf es bei der Schaffung insektenfreundlicher Grünflächen ankommt.
1 Warum sind Insekten wichtig?
Insekten haben in Ökosystemen ihren festen Platz. Als Teil der Natur kommen ihnen wichtige Funktionen zu und ihr Fehlen hätte nicht nur für Tiere und Pflanzen, sondern auch für den Menschen negative Auswirkungen.
Funktion im Ökosystem
Über einige Insekten freut sich der Mensch – z.B. über bunte Schmetterlinge und nützliche Bienen; andere mag er nicht, wie lästige Fliegen, eklige Spinnen oder aggressive Wespen. Und wieder andere nimmt er gar nicht erst wahr. Wie bei allen anderen Lebewesen teilen Menschen auch Insekten in ‘gut’ und ‘böse’ ein, in Nützlinge und Schädlinge und übersehen dabei, dass jedes noch so kleine oder ‘lästige’ Insekt eine wichtige Funktion im Ökosystem innehat. Ohne Insekten würde ein entscheidender Baustein in diesem System fehlen – mit schwerwiegenden Folgen.
In den letzten Jahren ist das Bewusstsein für die Problematik des Insektensterbens gewachsen: Sowohl private Gartenbesitzer als auch Unternehmen sowie Städte und Gemeinden setzen sich für die Schaffung naturnaher Flächen ein, die insektenfreundlich gestaltet werden. Ziel ist zum einen, dass sich wieder mehr Insekten ansiedeln, aber zum anderen auch ein breiteres Artenspektrum. Besonders verbreitet sind Projekte wie Wildblumenwiesen: Sie holen ein Stück wilde Natur in die Stadt, bieten etwas für das Auge und kommen viel besser mit längeren Hitzeperioden ohne zusätzliche Bewässerung aus.
Lebensgrundlage für andere Tiere
Insekten stehen in der Nahrungskette unten. Zahlreiche Vögel, Kleinsäuger, Reptilien und Amphibien ernähren sich teilweise oder hauptsächlich von ihnen. Dort, wo Insekten fehlen, fehlen über kurz oder lang auch die anderen Tiere. Deutlich wird dies vor allem am Rückgang heimischer Vogelarten in den letzten Jahren. Immer wieder sind ‘stille Gärten’ und Fragen wie ‘Wo sind unsere Singvögel?’ Thema in den Medien. Neben fehlenden Rückzugs- und Brutplätzen ist es ein nicht ausreichendes bzw. nicht vorhandenes Nahrungsangebot, das Tiere aus dem urbanen Raum vertreibt.
Bestäuber von Pflanzen und Nutzpflanzen
Die Pflanzenbestäubung durch Insekten ist ein natürlicher Prozess: Über die Tiere gelangen die Pollen von einer zur anderen Pflanze. Zwar gibt es auch Arten, die sich selbst bestäuben, den Wind dazu nutzen oder solche, die der Mensch durch Zucht vermehrt. Ohne die Hilfe von Insekten könnten viele Pflanzen sich jedoch deutlich schlechter vermehren – darunter auch zahlreiche Obst- und Gemüsepflanzen wie Äpfel, Kirschen, Paprika, Tomaten oder Kürbis. Ein kompletter Wegfall der tierischen Bestäuber hätte Ernteeinbußen oder -ausfälle, steigende Preise und letztendlich einen Wirtschaftseinbruch zur Folge.
2 Gestaltung insektenfreundlicher Grünflächen
Ob Straßenränder und Grünstreifen in einer Gemeinde oder Flächen in der Natur oder der Landwirtschaft: Mit wenig Aufwand lässt sich die Biodiversität erhöhen und mehr Platz für wichtige Insektenarten wie Wildbienen, Schmetterlinge oder Käfer schaffen. Die folgenden Tipps zeigen, wie die Förderung der Insekten-Vielfalt funktionieren kann.
Insektenbiologie berücksichtigen
Um insektenfreundliche Lebensräume herzurichten, muss man zunächst einmal über die Insekten selbst, ihr Leben und ihre Entwicklung Bescheid wissen. Dann wird auch schnell deutlich: Mit ein paar Wildblumenwiesen ist es nicht getan. Denn in vielen Entwicklungsstadien zahlreicher Insekten dienen Blüten nicht als Nahrungsquelle – manche leben sogar ausschließlich von den grünen Pflanzenteilen. Es gilt, jenseits von Bienen und Schmetterlingen in die Welt der Insekten einzutauchen und den Speiseplan ihres gesamten Lebens zu berücksichtigen – ob als Raupe, Puppe oder ausgewachsenes Exemplar. Neben Bienen und Schmetterlingen gibt es z.B. Käfer, Fliegen, Libellen, Heuschrecken, Zikaden und Ameisen mit unzähligen Arten, die sich in unterschiedlichen Formen entwickeln und dafür unterschiedlich lange brauchen. Ein insektenfreundlicher Lebensraum muss dies berücksichtigen und den einzelnen Ansprüchen im Hinblick auf Nahrung, Schutz und Fortpflanzung gerecht werden.
Blumenwiesen tragen sicherlich einen wichtigen Teil dazu bei. Unverzichtbar für Artenvielfalt sind jedoch strukturreiche, dynamische Flächen, die sich immer im Wandel befinden: Kurzgehaltene und hoch wachsende Grünflächen sollten sich abwechseln. Den Übergang zum Wald bildet am besten ein Staudengürtel. Wiesen und Gehölze sollten auch ruhig einmal ‚unordentlich‘ sein dürfen. Monokulturen schränken die Artenvielfalt gleich auf zweierlei Weise ein: Vielen Insekten bieten sie keinen Lebensraum – anderen bieten sie einen ‘zu guten’ Lebensraum, sodass sie sich massenhaft vermehren.
Pflanzenschnitt anpassen
Städtische Grünflächen sind für ein gepflegtes Erscheinungsbild meistens akkurat und kurz geschnitten. Wenn die Pflege des Stadtgrüns insektenfreundlich gestaltet werden soll, muss man sich mit einer gewissen Lockerheit bei der Mahd anfreunden. Natürlich steht die Verkehrssicherheit weiter an erster Stelle. Doch überall dort, wo diese nicht gefragt ist, sollte die Mahd reduziert werden: Eine ein- bis zweischürige Mahd im Frühling und Spätsommer reicht aus. Wichtig ist, abwechselnd kleine Flächen auszulassen, sodass immer unberührte Bereiche bestehen bleiben. Dies bietet den Insekten nicht nur weiterhin einen geschützten Raum, sondern schafft nebenbei stufenartig aufgebaute Übergänge mit Höhenunterschieden. Diese sogenannten Mahdkanten fungieren für viele Arten als Reviergrenze oder Orientierungsmarke.
Eine Besonderheit bilden ca. 1 Meter breite Streifen vor Hecken, Gehölzen und um einzelne Bäume herum. Hier reicht ein Schnitt im Jahr aus. Direkt unter Hecken und Sträuchern sollte überhaupt nicht gemäht werden, denn dies ist der Lebensraum nicht nur von vielen Insekten, sondern auch von Vögeln und kleinen Säugetieren. Noch einen Schritt weiter gehen Flächen, auf denen die Vegetation ein ganzes Jahr über nicht gemäht wird. Auch, wenn es nur kleine Bereiche sind: Sie sind überlebenswichtig – vor allem für die Insekten, die über der Erde überwintern.
Das Mahdgut von Grünflächen mit vielen insektenfreundlichen Pflanzenarten kann übrigens noch eine nützliche Verwendung finden: Indem es auf Flächen mit wenig Pflanzendiversität aufgebracht wird, erhöht sich diese dort und das lockt wiederum mehr Insekten an. Allgemein gilt für die Mahd, dass die Schnitthöhe immer mindestens 10 cm betragen sollte. Auf diese Weise bleibt die bodennahe Vegetation erhalten und größere Verletzungen des Bodens werden vermieden.
Insektenfreundliche Geräte nutzen
Selbst die Wahl technischer Geräte kann einen Einfluss auf die Insektenvielfalt in der Stadt haben. Dort, wo gemäht wird, sollten hochwertige und scharfe Schneidwerkzeuge im Einsatz sein. Umso gesünder und kräftiger wächst die Vegetation nach, was den Insekten zugutekommt. Beim Entfernen des Mahdguts sollte auf Geräte mit Absaugvorrichtung verzichtet werden, weil so die Insekten zusammen mit dem Schnittgut entfernt werden.
Zur Schonung des Bodens, der Vegetation und der Lebewesen selbst sind manuelle Werkzeuge in vielen Fällen die bessere Wahl. Bestes Beispiel sind Laubsauger und Laubbläser, die mit dem Boden auch Insekten aufwirbeln oder aufsaugen. Mit einem Rechen lässt sich diese Arbeit genauso sauber und deutlich umweltfreundlicher erledigen.
3 Fazit
Die Zahl der Insekten geht immer mehr zurück, vor allem in der Stadt. Viele Städte sind jedoch dabei, dem Artenschutz durch neue Projekte eine stärkere Bedeutung zu verleihen und städtisches Grün durch Wildpflanzen zu insektenfreundlichen Ökosystemen umzugestalten. Ohne Insekten wie Wildbienen und Schmetterlinge würden viele Nutz- und Wildpflanzen nicht bestäubt werden, was verheerende Folgen hätte. Vögel und andere Tiere sind außerdem auf Insekten als Hauptnahrungsquelle angewiesen – auch vor diesem Hintergrund ist eine Schaffung insektenfreundlicher Lebensräume von Bedeutung. Wiesen mit Wildblumen sind ein erster Schritt, um eine Vielzahl an Insekten anzusiedeln. Städte müssen jedoch darüber hinaus denken und dies bei der Gestaltung und Pflege ihrer Grünflächen berücksichtigen. Wenn möglich, sollte der Schnitt eingeschränkt und zum Schutz der Arten in ihren verschiedenen Entwicklungsstadien immer zum Teil ganz ausgesetzt werden. Das erhöht die Chance vieler Arten, zu überleben. Bei der Grünflächenpflege gilt es außerdem auf das richtige Werkzeug zu achten. Wer mehr Natur für Insekten schaffen und Tipps zur Umgestaltung oder Pflege haben möchte, wendet sich am besten an einen fachkundigen Experten für Garten- und Landschaftsbau.