Wenn der Wintereinbruch Straßen und Wege in spiegelglatte Rutschbahnen verwandelt, ist schnelles Handeln gefordert. Ca. 1,5 Millionen Tonnen Salz – in extremen Wintern können es sogar knapp dreimal so viel sein – kommen jährlich auf deutschen Straßen, Gehwegen und Plätzen zum Einsatz. Und das nicht ohne Folgen für Mensch und Umwelt. Alternativen zu Streusalz werden deshalb heiß diskutiert. Wir stellen sie Ihnen vor und erläutern ihre Vor- und Nachteile.
1. Zusammensetzung und Wirkung von Streusalz
Zwar besteht Streusalz zu ca. 95 Prozent aus handelsüblichem Kochsalz oder Steinsalz und ist damit nichts anderes als Natriumchlorid (NaCl). Es werden ihm aber noch weitere Stoffe wie Ton, Calcium- oder Magnesiumsulfat beigefügt sowie Eisen- oder Kaliumhexacyanoferrat, die als Rieselhilfe dienen. Essbar ist Streusalz also nicht.
Die Salz-Ionen lösen sich im Eis, das immer einen kleinen Teil flüssiges Wasser enthält, auf und hindern die Wassermoleküle daran, sich zu verbinden – selbst bei Minusgraden. Auf diese Weise lösen sich die Eiskristalle immer weiter auf.
2. Warum ist Streusalz problematisch?
Für die Vermeidung von Unfällen ist der Winterdienst noch wichtiger als das Laubmanagement im Herbst. Während die Blättermassen zusammengetragen und weggeschafft werden können, müssen Schnee und Glätte anders beseitigt oder unschädlich gemacht werden. Hier kommen Streumittel ins Spiel. Für den Einsatz von Streusalz bzw. ein Verbot gibt es keine bundesweite Regelung. In deutschen Städten, Gemeinden und Kommunen ist die Verwendung von Streusalz allerdings auf den öffentlichen Raum beschränkt. Privatpersonen, die der Streupflicht nachkommen wollen – ob Eigentümer oder Mieter -, müssen somit ein anderes Streugut benutzen und bei Missachtung mit einem Bußgeld rechnen. Denn so gut das Auftausalz die Rutschgefahr im Winter auch hemmt – für Mensch und Natur stellt es eine Belastung dar, die ernst genommen werden muss.
2.1 Belastung der Umwelt
Das durch das Salz aufgetaute Eis versickert als Schmelzwasser im Boden, gelangt über die Kanalisation und die Kläranlage in Bäche und Flüsse oder mit dem Schmutzwasser direkt in offene Gewässer. Durch die hohe Chloridkonzentration leidet die Qualität des Grundwassers, das Grundlage für das Trinkwasser ist.
In Form von Spritzwasser bzw. spritzendem Schnee gelangt das Salz in den Boden an Straßenrändern – und verursacht im direktem Kontakt bei Pflanzen äußere Schäden wie z.B. Verätzungen. Andere Pflanzenschäden durch Streusalz entstehen von innen und werden erst später sichtbar: Um ihren Salzhaushalt auszugleichen, geben die Pflanzen mehr Wasser ab, was zu einem späten Austrieb im Frühjahr sowie braunen und bereits im Sommer abfallenden Blättern führen kann. Vor allem beliebte Stadtbäume wie Linde, Kastanie und Ahorn leiden unter den Auswirkungen einer hohen Salzkonzentration. Diese lässt außerdem Böden verkrusten und verschlammen, wodurch weniger Sauerstoff und Wasser hineingelangen. Wichtige Mineralstoffe wie Magnesium und Calcium verflüchtigen sich mit dem Sickerwasser in für die Pflanzen unerreichbare Bodenschichten. Die Folge: ein Nährstoffmangel sowie ein Versauern des Bodens. Indem das Salz sich negativ auf den Stoffwechsel von im Boden lebenden Mikroorganismen auswirkt, erhöht es zudem die Anfälligkeit von Bäumen und anderen Pflanzen für Pilzinfektionen. Letztendlich kann die ursprüngliche Flora und Fauna so langsam verlorengehen bzw. sich komplett verändern.
2.2 Gesundheitsrisiko für Haustiere
Für Hunde und Katzen mit Freigang stellt Streusalz eine ernstzunehmende gesundheitliche Gefahr dar. Die Haut an den Pfotenballen trocknet aus, wird rissig und kann sich leicht entzünden. Bei direktem Kontakt mit dem Streusalz kann es sogar zu Verätzungen kommen – z.B. wenn Salzkörner zwischen den Zehen steckenbleiben oder Hunde ihre Nase in gestreuten Schnee halten. Besonders gefährlich ist die orale Aufnahme von Streusalz, z.B. wenn Hunde aus Wasserpfützen auf gestreuten Gehwegen trinken. Magen und Darm werden nicht nur gereizt, sondern es entstehen mitunter auch blutige Magen- und Darmschleimhaut-Entzündungen. Die Tiere können sich erbrechen, unter Durchfall und Krämpfen leiden sowie Nierenschäden bekommen. Im schlimmsten Fall führt eine Salzvergiftung zum Tod – abhängig von den Mengen an Salz, die das Tier aufgenommen hat. Auch für Wildtiere wie Kaninchen oder Vögel, die in städtischen Gebieten leben, ist das Salz eine Gefahr – insbesondere, wenn letztere das gestreute Salz für Futter halten.
2.3 Folgen für die Infrastruktur
Der Gebrauch von Streusalz zur Sicherheit auf den Straßen wirkt besonders vor dem Hintergrund paradox, als dass es gerade dort sowie an Gebäuden und Autos starke Schäden hervorrufen kann. Auf Beton, Asphalt und verschiedene Pflastermaterialien wirkt es aggressiv. Während das Glatteis schnell beseitigt ist, können die Straßen reparaturbedürftig werden. Bauwerke – insbesondere aus Beton, Ziegeln und mit Stahlträgern – sind durch Spritzwasser von fahrenden Autos und zur Seite geschaufelten Schnee einem früheren Verfall ausgesetzt: Es entstehen Feuchtigkeitsschäden mit Versalzungen, das Chlorid verursacht Schäden am Putz-Material und Stahlträger sind von Korrosion betroffen. Dringt das Salz in eine Ziegelfassade ein, ist eine Entfernung unmöglich und es kommt zu Zersetzungen. Es handelt sich hierbei weniger um ein optisches Problem als um die Gefährdung der Sicherheit, denn auch auf Brücken und Parkdecks lassen sich Streusalzschäden feststellen – diese schädigen die Stabilität, sind von außen jedoch nicht zwingend sichtbar.
Zu guter Letzt greift die salzhaltige Feuchtigkeit auch die Autos an und kann vor allem an Bremsen, Unterboden und Karosserie Rostschäden verursachen.
2.4 Hohe Kosten für die Beseitigung von Schäden
Ob Reparaturen von Straßen und Gebäuden, Fahrzeugen oder die Wiederherstellung gestörter Ökosysteme: Der Einsatz von Streusalz verursacht hohe wirtschaftliche Kosten sowohl für Städte und Gemeinden als auch für private Personen, die dieses Streugut selbst gar nicht verwenden dürfen. Es ist sogar von ökonomischen Schäden in Milliardenhöhe die Rede. Während Gebäude saniert und rostige Autoteile ausgetauscht werden können, sind die Umweltschäden weitaus schwieriger zu beseitigen.
3. Streusalz-Alternativen und ihre Vor- und Nachteile
Es gibt viele Streusalz-Alternativen, die auch gemischt angewendet werden können, doch welche sind wirklich umweltfreundlich und wirksam? Wir haben für Sie die gängigsten Optionen zum Streuen zusammengestellt.
3.1 Splitt
Splitt besteht aus zerkleinertem Gestein wie Basalt oder Granit und gehört zu den beliebtesten Alternativen zu Streusalz. Bei Schnee und Eis ist seine griffige Oberflächenstruktur von Vorteil, die die Rutsch- und Sturzgefahr deutlich reduziert. Im Gegensatz zu Streusalz, das seine Wirksamkeit bei Temperaturen ab – 10°C einbüßt, erfüllt Splitt seine Funktion auch bei Temperaturen weit unter dem Gefrierpunkt. Lediglich bei starkem Verkehr kann seine Effektivität durch Abnutzung minimiert werden. Einen weiteren Punkt in Sachen Umweltfreundlichkeit erlangt Splitt dadurch, dass er nach dem Winter zusammengefegt und wiederverwendet werden kann. Den erhöhten Reinigungsaufwand für die Gehwegreinigung und das Potential, Abflüsse zu verstopfen, betrachten einige aber auch als Nachteile. Insgesamt eignet sich Splitt also vor allem dafür, um gepflasterte Flächen, Gehwege und leicht befahrene Straßen zu streuen.
3.2 Sand
Wie Splitt ist auch Sand ein beliebtes Streu-Material, das nicht nur leicht verfügbar, sondern auch kostengünstig und effektiv ist: Seine feine Körnung erhöht die Reibung auf glatten Oberflächen und wirkt bei Rutschgefahr sofort. Bei starkem Regen und Verkehr entpuppt sich diese Eigenschaft jedoch als Nachteil, da er leicht weggespült bzw. weggetragen werden kann. Trockener Sand kann zudem durch Wind aufgewirbelt werden und die Luftqualität verringern. Bei seiner Verwendung als Streugut sollte man also darauf achten, ihn bei Bedarf öfter aufzutragen. Eine Umweltbelastung geht von Sand zwar nicht direkt aus, doch herrscht durch die hohe Nachfrage weltweit eine Sandknappheit, und für seine Gewinnung werden oftmals Ökosysteme wie Flussbetten und Küstengebiete zerstört. Deshalb ist es ratsam, Streusand mit Bedacht einzusetzen und auf Produkte mit langen Transportwegen zu verzichten.
3.3 Lava-Granulat
Ein Exot unter den Streumitteln mag für viele Lava-Granulat sein, das aus Lava-Gestein gewonnen wird und somit vollkommen unbedenklich für Bäume, Pflanzen und den Rest der Umwelt ist. Mit Splitt hat es sowohl die poröse, raue Struktur als auch die Eigenschaft gemeinsam, nach dem Aufkehren und Reinigen wiederverwendet werden zu können. Seine schwarze Farbe absorbiert außerdem Sonnenwärme, wodurch Schnee schneller auftaut. Wer das Lava-Granulat nicht mehr zum Streuen verwenden möchte, kann es im Frühjahr als Dünger in Beeten und zur Grünflächenunterhaltung verteilen, wo es den Boden auflockert und Wasser speichert. Zu den Nachteilen von Lava-Granulat gehören die begrenzte Verfügbarkeit, teils lange Transportwege und dadurch entstehende höhere Anschaffungskosten.
3.4 Organische Streumittel
Vor allem unter dem Aspekt der Nachhaltigkeit und Umweltfreundlichkeit finden organische Streusubstanzen immer häufiger Anwendung. Dazu gehören Holzspäne, Sägemehl, Strohfasern, Getreidereste und Zuckerrübenmelasse. Ihr Vorteil ist, dass sie als Nebenprodukte aus regionaler Forst- oder Lebensmittelindustrie regional verfügbar sein können, frei von Chemie sind und den Umweltkreislauf sowie Flora und Fauna nicht belasten. Ihre raue Material-Beschaffenheit wirkt effektiv bei Glatteis und nach dem Winter können viele dieser Streumittel in Gartenbeeten zur Bodenverbesserung dienen. Bei Nässe und wenn das Eis taut, verlieren die meisten von ihnen aber ihre vorteilhaften Eigenschaften und verklumpen oder werden weggeschwemmt. Für Gartenwege, Gehwege und andere private Flächen, aber auch Parks sind organische Streumittel dennoch ein attraktives Material, um der Streupflicht nachzukommen. Dasselbe gilt für Spielplätze, die neben der Spielplatzpflege ebenfalls gestreut werden müssen.
Tipp: Achten Sie auf der Suche nach alternativen Streumitteln auf das Umwelt-Symbol „Blauer Engel“. Das damit gekennzeichnete Streugut ist salzfrei, umweltfreundlich und stumpft glatte Wege zuverlässig ab.
4. Das ist wichtig beim Winterdienst
Ob professioneller Winterdienst in Städten und Kommunen oder Hausbesitzer: Wer bei der Schneeräumung und Streuung bestimmte Punkte berücksichtigt, kann zu einer Reduzierung an Streumitteln beitragen und einen Beitrag für die Umwelt leisten.
4.1 Zeitpunkt des Winterdienstes
Beim Winterdienst sollte man mit dem Räumen von Schnee nicht allzu lange warten. Denn hat sich der Schnee erst einmal verdichtet, ist er umso schwerer zu entfernen. Je früher die Schneeräumung also stattfindet, desto weniger abstumpfende Mittel sind notwendig.
4.2 Angemessene Streumittel-Dosierung
Viele Städte und Gemeinden haben bereits einen salzfreien Winterdienst eingerichtet und das klassische Auftausalz verboten. Dort, wo es weiterhin verwendet werden darf, sollte nicht mehr als unbedingt nötig eingesetzt werden – oder nur an besonders gefährlichen Bereichen wie Treppen oder Rampen für eine barrierefreie Zuwegung. Aber auch Streusalz-Alternativen gilt es, mit Bedacht zu dosieren.
4.3 Passende Streutechnik
Heutzutage gibt es eine große Anzahl an manuellen und maschinellen Streugeräten, die für eine gleichmäßige Verteilung von Salz & Co. auf rutschigen Flächen sorgen. Sie helfen dabei, eine Überdosierung zu vermeiden und in wenig Zeit möglichst viele Wege sicher zu machen.
5. Fazit
Als höchstproblematisch und schädlich für Mensch und Tier, Umwelt und Infrastruktur ist die Anwendung von Streusalz im privaten Bereich verboten – in zahlreichen Städten auch im öffentlichen Bereich. Streusalz-Alternativen sind somit gefragter denn je. Neben klassischen Alternativen wie Splitt und Sand, rücken vermehrt nachhaltige, regionale und durchaus kreative Produkte in den Fokus, z.B. Lava-Granulat und ökologische Mittel aus Holz- und Getreideabfällen oder der Zuckerproduktion. Sie eignen sich zwar eher für den privaten Einsatz, sind aber ein gutes Beispiel für die Arbeit an neuen Lösungen zur Salzvermeidung. Einige Alternativen wie Splitt sind auch für den großflächigen Einsatz geeignet und wiederverwendbar. Wer beim Schneeräumen und Streuen der Wege auf eine angemessene Dosierung achtet, leistet ebenfalls einen Beitrag für die Umwelt. Somit ist es die Aufgabe jedes Einzelnen, mit gutem Beispiel voranzugehen.