Baum richtig schneiden: So wichtig ist ein fachgerechter Baumschnitt

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Ein regelmäßiger Baumschnitt und Gehölzschnitt ist in privaten Gärten, aber auch auf gewerblichen Flächen und städtischen Grünflächen Routine. Doch ist er immer sinnvoll? Und wird er eigentlich richtig durchgeführt? In diesem Beitrag erfahren Sie, warum jeder Baumschnitt gut überlegt und von erfahrenen Experten durchgeführt werden sollte.

1. Der Baum als lebendiger Organismus

   Ob blühende Obstbäume, rauschende Pappeln oder erhabene Platane am Straßenrand – Bäume sind allgegenwärtig und der Baumschnitt ist Teil ihrer Pflege, sowohl im Garten als auch im öffentlichen Raum. Aber was bedeuten Schnittmaßnahmen eigentlich für einen Baum?

Zu Bäumen pflegt der Mensch seit jeher eine intensive Beziehung und gerade heute sind Bäume wichtiger denn je. Sie bieten vielen Tieren einen Schutz- und Lebensraum, dienen als Schattenspender und Sonnenschutz und pflanzlicher Lärmschutz. Bäume im urbanen Raum verbessern das Klima, machen Parks im städtischen Raum zu grünen Erholungsinseln und sind auch sonst ein essentieller Bestandteil der Grundlagen moderner Landschaftarchitektur.

Oft werden Bäume jedoch als bloße Deko-Elemente betrachtet und wir vergessen, dass auch sie lebendige Organismen sind, die verletzt werden und Stress haben können. Jeder Baum besitzt ein komplexes Gewebesystem, das zur Versorgung seiner einzelnen Teile dient: Das sogenannte Xylem ist mit einer Wasserleitung vergleichbar. In den dünnen Röhren werden Wasser und Nährstoffe aus den Wurzeln bis hinauf in die Krone transportiert. Das Pendant bildet das Phloem, das Zucker, Salze und andere mit Hilfe der Photosynthese entstandenen Nährstoffe nach unten leitet. Xylem und Phloem sind durch das Kambium-Gewebe getrennt, das das Leitungssystem durch Zellteilung vergrößert – sichtbar an den typischen Jahresringen. Vor allem das Phloem ist sehr sensibel. Deshalb hat die Rinde die Funktion, das Innere zu schützen. Und hier kommt das Thema Baumschnitt ins Spiel. Denn jeder Schnitt bedeutet für den Baum eine Verletzung – mit unterschiedlich schweren Folgen.

Nicht umsonst werden häufig biologisch-medizinische Vergleiche zwischen Mensch und Baum angestellt: Während das Funktionsprinzip von Xylem und Phloem mit dem menschlichen Kreislaufsystem vergleichbar ist, kommen Schnittarbeiten chirurgischen Eingriffen gleich. Denn jedem Teil eines Baumes kommt eine Aufgabe im Bereich der Versorgung, Statik und Hydraulik zu. Einen Ast zu entfernen, bedeutet, dass der Baum ein wichtiges Organ zur Versorgung verliert. Außerdem entstehen Wunden. Anders als menschliche Wunden heilen die Wunden eines Baumes jedoch nicht, sondern werden durch den Prozess der sogenannten Kompartmentalisierung verschlossen: Der Baum bildet einen chemisch-physischen Schutz, um negative Folgen wie Faulen und das Eindringen von Krankheitserregern zu verhindern. Inwiefern ein Baum zu dieser Schutzreaktion fähig ist, hängt u.a. von der Baumart, seinem Alter und seinem allgemeinen Zustand ab, aber auch davon, wie gut der Schnitt durchgeführt wurde.

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2. Bäume und Sträucher schneiden: Die häufigsten Fehler

Oft wird der Baum- und Gehölzschnitt ’nebenbei‘ erledigt und übersehen, dass für eine fachgerechte und für den Baum gesunde Durchführung mehrere Faktoren stimmen müssen. Dies sind die häufigsten Fehler.

1. Kappung

Einen Baum zu kappen bedeutet, seine Krone komplett auf eine gewünschte Höhe zu kürzen. Dieses Phänomen kann man vor allem bei Straßenbäumen und im Wohnumfeld beobachten. Nicht selten werden solche Baumschnittarbeiten von einem Hobbygärtner oder Hausmeister-Service durchgeführt, die sich mit der Materie nicht wirklich auskennen. Durch die Kappung entstehen viele große Schnittwunden, die schlecht heilen und die Ausbreitung von Pilzen begünstigen.
Darüber hinaus bildet der Baum als Reaktion auf einen Radikalschnitt der Baumkrone Wasserreiser – auch Wassertriebe oder Wasserschoss genannt – aus. Das sind dünne, schwache Triebe, die aus einer Knospe am Stamm heraus wachsen und den Baum schwächen können.
Abgesehen von diesen Nachteilen sieht ein Baum, dessen natürliche Wuchsform zerstört wurde, nicht mehr ansprechend aus. Soll eine Baumkrone eingekürzt werden, sollte dies nur aus gutem Grund und unter Berücksichtigung statischer Gesichtspunkte erfolgen. Ansonsten ist es angebracht, den Rückschnitt auf einzelne Äste zu beschränken.

2. Verletzung des Astkragens

Der Astkragen bezeichnet den oft wulstigen Bereich, wo der Ast an den Stamm anschließt bzw. der Ast aus dem Stamm heraustritt. Die Verdickungen sind bereits Reaktionen auf Belastungen wie Druck und Biegungen durch Wind. Indem hier Stoffe für eine einwandfreie Wundreaktion versammelt sind, kommt dem Astkragen eine wichtige Schutzfunktion im Falle von Verletzungen zu. Dementsprechend sollten Äste immer außerhalb des Astkragens und leicht schräg abgeschnitten werden. Zunächst schneidet man den Ast etwas von unten an, dann führt man den Schnitt von oben durch – so verhindert man, dass die Rinde einreißt. Wird der Ast samt Astkragen entfernt, können die Stellen nicht mehr richtig überwallen und leicht Fäulnis entstehen.

3. Stummelschnitt

Insbesondere beim Obstbaumschnitt ist vom sogenannten Stummelschnitt die Rede, bei dem – im Gegensatz zum Rosettenschnitt – Zweige nach dem zweiten Blatt gekürzt werden, sodass ein Aststummel stehenbleibt. Wer Obstbäume im Garten hat, möchte mit dem Stummelschnitt oft die Bildung von Fruchtholz anregen. Allerdings kann ein Schnitt, der zu weit weg vom Stamm durchgeführt wird, Probleme verursachen: An einem Aststummel, der wegen eingestellter Versorgung abstirbt, wächst Totholz, über das Pilze ins Innere gelangen können.
Eine gesündere Alternative für den Baum ist deshalb meistens ein sauberer, genauer Schnitt direkt hinter dem Astring.

4. Falscher Schnittzeitpunkt

Im Zeitraum vom 1. März bis zum 30. September sind starke Rückschnitte laut Bundesnaturschutzgesetz verboten, da in Ziergehölzen, Bäumen und Sträuchern Vögel und andere Tiere nisten. Schnittmaßnahmen dürfen dann lediglich zur Form und Pflege stattfinden. Aber auch die Biologie vieler Bäume selbst spricht gegen einen Schnitt zu bestimmten Jahreszeiten. Im Frühling ist z.B. vermehrter Saftfluss festzustellen, also ein erhöhter Transport von Wasser und Nährstoffen. Schnittwunden können mitunter sehr stark ‚bluten‘ – ein Phänomen, dass vor allem Ahorn, Birke und Walnuss betrifft. Ebenso schlecht eignet sich frostige Witterung, um Äste und Zweige zu schneiden, denn da das Gewebe bei Frost brüchig ist, neigen Schnittflächen zur Splitterung und die Schnittwunden schließen sich nur schwer.
Wenn Astschere & Co. zum Einsatz kommen, dann am besten zwischen Juli und September sowie bei frostfreier Witterung in den späten Wintermonaten.

5. Falsches oder minderwertiges Werkzeug

Ob Baumschere, Baumsäge, Astschere oder Heckenschere – eines sollten alle Werkzeuge beim Baumschnitt und Gehölzschnitt gemeinsam haben: eine erstklassige Qualität. Dazu gehören auch scharfe Klingen und Messer, die saubere und glatte Schnitte gewährleisten. Ansonsten kann es zu Quetschungen an den Schnittstellen kommen, was die Wundreaktion des Baumes einschränkt.
Genauso wichtig ist die Werkzeughygiene: Schmutziges Werkzeug ist oft die Quelle für Pilz- und andere Infektionen. Deshalb sollten Sägen und Scheren in regelmäßigen Abständen gereinigt und desinfiziert werden sowie in jedem Fall nach dem Schnitt eines erkrankten oder befallenen Baumes.
Außerdem gilt es, Werkzeug zu benutzen, das zum Durchmesser des Astes passt, sowie die richtige Technik. Eine Kettensäge z.B. ist nur für dickere Äste oder gar Stämme notwendig. Ansonsten reicht meistens eine Astsäge und für Äste unter 40mm Durchmesser Hand-, Bügel- oder Stichsäge. Daumendicke Zweige können mit einer Gartenschere und dicke Äste bis ca. 45 cm Durchmesser mit einer Astschere gekürzt werden.

6. Schneiden ohne Konzept

Bäume und Sträucher schneiden, weil es eben mal wieder Zeit ist? Das ist keine gute Idee. Der Baumschnitt sollte immer einem klaren Ziel folgen. Geht es um die Sicherheit, die Funktionalität, die Ästhetik oder vielleicht um die spätere Ernte möglichst vieler Früchte? Bevor das Werkzeug angesetzt wird, sollte der Baum grundlegend beurteilt werden – je nach Höhe mit Hilfe einer Leiter: Wie ist sein Zustand? Sind Krankheiten sichtbar? Weisen der Wuchs, die Krone sowie Äste und Zweige Auffälligkeiten auf? Oder gibt es Sturmschäden? Ein unüberlegtes Handeln kann zu mehr Schaden als Nutzen führen, z.B. im Falle einer zu starken Auslichtung oder wenn tragende Äste entfernt werden, sodass der Baum an Stabilität und Vitalität einbüßt. Selbst Formschnitte sollten nur dann durchgeführt werden, wenn sie tatsächlich nötig sind. Ein Pflegeplan für Bäume, Sträucher und Gehölze erweist sich hier als gute Hilfe, um den Überblick zu behalten und bedarfsorientiert zu schneiden.

7. Keine Kontrolle nach dem Schnitt

Gerade Hobbygärtner neigen dazu, Bäume und Sträucher als gegeben hinzunehmen und lassen ihnen nur für den Schnitt Aufmerksamkeit zukommen. Bäume schneiden ist allerdings nur ein Teil der Baumpflege, die regelmäßig stattfinden sollte. Anstatt den Baum nach erfolgtem Schnitt also wieder zu ‚ignorieren‘, gilt es, den Wundheilungsprozess an den Schnittstellen im Auge zu behalten: Sind Spuren von Pilzbefall, andere Krankheiten oder fehlerhafter Austrieb sichtbar? Wie schreitet das Wachstum voran und wie entwickeln sich Blüten und Früchte?
Bei Bäumen im öffentlichen Raum muss nach dem Schnitt in regelmäßigen Abständen geprüft werden, ob sie weiterhin die Bedingungen der Verkehrssicherheitspflicht erfüllen. D.h. Äste und Zweige dürfen z.B. nicht weit auf Wege oder Straßen hineinragen. Falls notwendig, muss nachgeschnitten und die Pflege angepasst werden.

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3. Baum richtig schneiden: So geht’s

Worauf muss man beim Bäume-Schneiden achten? Wir haben die wichtigsten Tipps für Sie zusammengefasst.

1. Der richtige Zeitpunkt für den Baumschnitt

Je nachdem, welches Ziel der Baumschnitt verfolgt, eignet sich eine bestimmte Jahreszeit am besten: Mit dem Sommerschnitt kann man den Austrieb leicht unter Kontrolle behalten. Außerdem ist, wie schon erwähnt, bei bestimmten Baumarten im Sommer eine verbesserte Wundreaktion zu beobachten.

Der Baumschnitt ist aber auch im Winter möglich, wenn sich die Bäume in der Winterruhe befinden – Voraussetzung ist, dass die Witterung frostfrei ist. Der Vorteil beim Winterschnitt ist, dass man Form und Entwicklung der Krone besser erkennt. Manche Obstbäume wie Pfirsich oder Kirsche kommen mit einem Schnitt zu Jahresbeginn nicht gut zurecht. In diesem Fall sollte auf einen anderen Monat ausgewichen werden. Wichtig ist, dass der Winterschnitt nicht in den März hineingeht, wenn stärkere Rückschnitte zum Schutz der Natur verboten sind.

2. Werkzeug und Technik

Neben der Verwendung von hochwertigen, scharfen und sauberen Werkzeugen, die abhängig von der Dicke der Zweige und Äste ausgewählt werden sollten, gilt es, auf die richtige Schnitttechnik zu achten: Da die Rinde niemals einreißen sollte, sägt man schrittweise und beginnt mit einem kleinen Schnitt an der Unterseite, bevor man die Äste von oben absägt. Astscheren mit Teleskoptechnik vereinfachen den Baumschnitt durch Längenverstellbarkeit. Kronenkürzungen und das Entfernen von Totholz können mit Hilfe der Seilklettertechnik besonders gut vorgenommen werden, da der Schnitt auf diese Weise unabhängig vom Standort und der Höhe des Baumes durchgeführt werden kann. Alternativ können Kran und Hebebühne zum Einsatz kommen.

3. Nachträgliche Pflege und Kontrolle

Nach dem Bäume-Schneiden dürfen Kontrolle und weitere Pflege nicht vergessen werden. Handelt es sich um einen intensiveren oder großflächigen Rückschnitt, ist eine Überprüfung auf Wundreaktion und das Wachstum neuer Triebe nach 1 bis 2 Jahren angebracht. Werden Instabilitäten festgestellt, kann eine Kronensicherung durch Gurte und Seile notwendig sein – vor allem im Rahmen der Verkehrssicherungspflicht. Umso praktischer ist die Erstellung eines umfassendes Pflegeprotokolls, bei dem auch der Baumschnitt dokumentiert wird.

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4. Fazit: Bäume schneiden

Beim Thema Baumschnitt ist es wichtig, Menschen dafür zu sensibilisieren, dass das Schneiden der Zweige und Äste chirurgischen Eingriffen gleichkommt, die mit großer Sorgfalt, nicht häufiger als nötig und mit dem Plan einer anschließenden Nachsorge durchgeführt werden sollen. Richtig schneiden, d.h. auch zur richtigen Zeit und mit dem richtigen Werkzeug, ist essentiell. Ein ohne ausreichende Kenntnis ausgeführter und falscher Baumschnitt wirkt sich negativ auf die Gesundheit des Baumes aus und beeinflusst Wuchs und Form – und somit auch das Bild im Garten, Park oder in der Stadt. Am besten überlässt man den Baumschnitt fachkundigen Profis, die in der Baumpflege Erfahrung haben und die Eigenschaften der Gehölze kennen.

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